Der (Wiener) Walzer ist ein Gesellschafts- und Turniertanz, der paarweise
getanzt wird und zu den Standardtänzen des Welttanzprogramms gehört.
Geschichte
Der Walzer, zur Unterscheidung vom Langsamen Walzer (English Waltz) und dem
Französischen Walzer meist Wiener Walzer genannt, ist der älteste der
Gesellschaftstänze. Er entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus
dem deutschen Tanz und dem Ländler und war zunächst wegen "Unzüchtigkeit", z.B.
weil die Fußknöchel der Damen sichtbar waren, verpönt. Offizielle Akzeptanz und
sogar Beliebtheit gewann er später durch den Wiener Kongress Anfang des 19.
Jahrhunderts und die berühmten Musikstücke von Josef Lanner, Johann Strauß,
dessen Sohn Johann Strauß und Pjotr Iljitsch Tschaikowski.
In den 1920er-Jahren setzte in Deutschland das Walzersterben ein. Modernere,
dynamischere Tanzformen setzten sich durch. In England war der Wiener Walzer
sowieso nie heimisch geworden, dort tanzte man Boston oder später den Langsamen
Walzer.
Als Volkstanz wurde der Walzer mit Beginn der dreißiger Jahre vor allem in
Deutschland und Österreich wiederentdeckt. Der ehemalige k.u.k.-Offizier Karl
von Mirkowitsch machte den Wiener Walzer wieder gesellschafts- und turnierfähig,
seit 1932 tanzt man den Wiener Walzer auf Turnieren. Der Nürnberger Tanzlehrer
Paul Krebs verband 1951 die altösterreichische Walzertradition mit dem
englischen Stil. Bei dem Tanzfestival in Blackpool im gleichen Jahr feierte er
große Erfolge. Seitdem ist der Wiener Walzer als gleichberechtigter Standardtanz
anerkannt, in das Welttanzprogramm wurde er 1963 aufgenommen.
Der Wiener Walzer war stets Symbol politischer Umbruchsstimmungen und wurde z.B.
als "Marseillaise des Herzens" (Eduard Hanslick, Kritiker"papst" Wiens im
vergangenen Jahrhundert) bezeichnet, soll "Wien die Revolution erspart [haben]"
(Satz eines Biographen des Komponisten Johann Strauß), während Johann Strauß
selbst "Napoleon Autrichien" (Heinrich Laube, norddeutscher Dichter) genannt
wurde.
Technik und Stile
Es gibt weltweit zwei verschiedene Arten des Wiener Walzers, namentlich den
Internationalen und den Amerikanischen Stil, der - wie der Name schon andeutet -
hauptsächlich in den USA verbreitet ist. Während im modernen Turniergeschehen
weltweit der Internationale Wiener Walzer ausschlaggebend ist, wird z.B. bei
Formations- und Schaudarbietungen auch in Deutschland gerne auf das breitere
Figurenspektrum des Amerikanischen Wiener Walzers zurückgegriffen.
Die Technik des Wiener Walzer entsprang zunächst der Ballett-Technik, hat sich
aber im Laufe der Zeit stark verändert und ist heute - wie bei allen
Standardtänzen - sehr anspruchsvoll. Die hohe Geschwindigkeit und die ständige
Drehbewegung machen den Walzer zu einem sehr anstrengenden Tanz. Wie für
nichtstationäre Tänze des Welttanzprogramms üblich, bewegt sich das Tanzpaar
beim Wiener Walzer entgegen dem Uhrzeigersinn um die Tanzfläche herum.
Als offiziell zugelassene Turnierfiguren des Internationalen Stils gelten
lediglich die Rechtsdrehung (Natural Turn, gleichzeitig der Grundschritt) und
die Linksdrehung (Reverse Turn), das Rechts- und das Linksfleckerl sowie Contra
Check, Linker Wischer (Left Whisk) und Pivot Turns. Der Amerikanische Stil
beinhaltet darüber hinaus z.B. auch offene Figuren außerhalb der gewöhnlichen
Tanzhaltung.
Rhythmus und Musik
Der Wiener Walzer basiert auf dem ¾-Takt, wobei ein Grundschritt aus sechs
Schritten besteht und somit zwei volle Takte umfasst. Alternativ kann der Wiener
Walzer auch auf einen 6/8 Takt getanzt werden, dann umfasst der Grundschritt
genau einen Takt. Auf Bällen und Turnieren wird traditionell auf klassische
Musik getanzt, es gibt allerdings auch modernere Stücke der Rock- und Popmusik,
die einen geeigneten Rhythmus bieten. Der Wiener Walzer ist mit ungefähr 60
Takten pro Minute (entspricht 180 BPM) doppelt so schnell wie der Langsame
Walzer.
Verbreitung
Der Wiener Walzer wird als einer der fünf Standardtänze weltweit auf jedem
Standard-Turnier getanzt. Des weiteren nimmt er eine Sonderstellung auf Bällen
und Redouten ein:
In Österreich wird mit dem Walzer "An der schönen blauen Donau" traditionell das
Neue Jahr (in der Silvesternacht im Österreichischen Fernsehen und einem Dutzend
anderer Radio- und TV-Sender rund um den Erdball) begrüßt und er ist auf vielen
Hochzeiten der Tanz des Brautpaares. Natürlich darf er bei dem Neujahrskonzert
der Wiener Philharmoniker genauso wenig fehlen, wie bei dem legendären Wiener
Opernball, dem "Ball aller Bälle".