Tango, auch Internationaler Tango, Standard-Tango oder Ballroom Tango (ballroom
ist die englische Bezeichnung der Standardtänze) genannt, ist ein
Gesellschaftstanz und Turniertanz, der paarweise getanzt wird. Er ist einer der
fünf Standardtänze des Welttanzprogramms und weltweit verbreitet.
Tango ist nicht zu verwechseln mit Tango Argentino. Obwohl beide im allgemeinen
deutschen Sprachgebrauch kurz „Tango“ genannt werden, handelt es sich um zwei
verschiedene Tänze. Um Verwechslungen zu vermeiden, verwendet dieser Artikel
daher bevorzugt die Bezeichnung Internationaler Tango.
Herkunft und Geschichte
Hinweis: Hier wird nur die Entstehungsgeschichte des Internationalen Tango aus
dem Tango Argentino beschrieben; für die Entstehungsgeschichte des Tango
Argentino und genauere Auskünfte über den kulturellen Ursprung siehe ebenda.
Der Internationale Tango entstand um 1910 in Europa. Reisende der oberen
gesellschaftlichen Klassen brachten von ihren Reisen nach Buenos Aires in
Argentinien den Tango Argentino nach Paris in Frankreich. Die dortige
konservative Oberschicht empfand den Tanz jedoch als „wild“ und „anstößig“ und
wollte eine weitere Verbreitung vermeiden. Britische Choreografen nahmen sich
schließlich des Tango Argentino an und passten ihn stilistisch den
gesellschaftlich akzeptierten Standardtänzen an. Das Ergebnis war der
Internationale Tango, der in seiner Form bis heute keine wesentlichen
Veränderungen mehr erfahren hat. Zwischen 1910 und 1916 trugen Vernon und Irene
Castle maßgeblich zur Entwicklung und Verbreitung des Internationalen Tango bei,
unter anderem indem sie eine Tanzschule in New York City in den USA betrieben.
Von 1958 bis 1960 wurde der Tango in Deutschland zu den Lateinamerikanischen
Tänzen gerechnet, 1963 wurde er jedoch als Standardtanz in das Welttanzprogramm
aufgenommen und gehört seither zum Standard-Repertoire der europäischen
Tanzschulen.
In den 1990er Jahren wurde der Tango Argentino zusammen mit seinen verwandten
Formen, der Milonga und dem Vals, sowie den lateinamerikanischen Tänzen Salsa,
Merengue, Bachata und kubanischem Cha Cha Cha zum Modetanz und fand Anhänger in
aller Welt. Auch in Europa und speziell in Deutschland hat sich seitdem eine
große Tango-Argentino-Szene etabliert. Der Trend ging mit einer
Back-to-the-roots-Mentalität einher; die Tänzer strebten und streben noch heute
danach, die Tänze in ihrer ursprünglichen Form zu tanzen. Das führte dazu, dass
der Internationale Tango heute oft negativ als „verfälscht“ und „künstlich“
empfunden wird. Einige Tanzschulen reagierten auf diese Entwicklung, indem sie
Tango Argentino in ihr Standard-Repertoire aufnahmen und im Gegenzug den
Internationalen Tango weniger häufig unterrichteten. Des weiteren wandelten
viele Tango-Tänzer ihren Tanzstil ab, indem sie Tanzfiguren und Charakter des
Tango Argentino übernahmen. Da der Internationale Tango als Turniertanz jedoch
in ausführlichem Regelwerk festgeschrieben ist, blieben diese Änderungen
geringfügig und wirkten sich nicht nachhaltig auf sein Erscheinungsbild aus.
Einige Choreografen behaupten, die Aussage, der Internationale Tango sei aus dem
Tango Argentino entstanden, sei falsch. Begründet wird diese Behauptung wie
folgt: Um 1910, als in Europa der Internationale Tango entstand, war der Begriff
„Tango“ in Lateinamerika noch wenig gebräuchlich. Die dort verbreitete Tanzform,
aus der später der Tango Argentino wurde, hieß Canyengue, und war nach Aussagen
dieser Choreografen in Technik und Charakter dem heutigen Internationalen Tango
viel ähnlicher als dem heutigen Tango Argentino. Da die heutige Form des Tango
Argentino zudem erst deutlich nach 1910 aus dem Cayengue hervorging, müsse man
sagen, der Internationale Tango sei vor dem Tango Argentino entstanden. Kritiker
dieser Haltung bemängeln, es handele sich hierbei um Wortklauberei.
Charakter und Technik
Der Internationale Tango wird als „feurig“ und „leidenschaftlich“
charakterisiert; häufig geht dies mit Attributen wie „aggressiv“ und „gewaltsam“
einher, was als leidenschaftliche sexuelle Gewalt – ähnlich der Verbindung von
Lust und Schmerz beim Geschlechtsakt – ausgelegt wird. Der Tango Argentino wird
im Gegenzug ausschließlich mit Zärtlichkeit in Verbindung gebracht. Ursache für
die subjekte Empfindung der Gewalttätigkeit des Internationalen Tango sind die
abrupten Wechsel von Tempo und Bewegungsform: Lange, schleichende Gehschritte
wechseln sich mit kleinen, zackigen Schritten ab, fließende mit abgehackten
Bewegungen, das ruhige Dahingleiten der Oberkörper bildet einen Gegenpol zu den
ruckartigen Drehungen der Köpfe. Ein besonderes Merkmal des Tango ist seine
gleichmäßige Schrittstruktur. Die Oberkörper bleiben während des Tanzes ruhig,
alle Effekte werden nur aus der Körperhaltung des Paares zueinander erzeugt.
Zusammenhang zwischen Musik und Tanz
Der Internationale Tango wird auf die Musikrichtung Tango getanzt, also
prinzipiell auf dieselbe Musik wie auch der Tango Argentino. Die Tanzmusik des
Internationalen Tango enthält allerdings deutlich erkennbare europäische
Einflüsse: Sie ist mit einfacher Staccato-Perkussion unterlegt, die von einem
Schlagzeug gespielt wird und mit kurzen Trommelwirbeln durchsetzt ist; die Musik
klingt „hart“ und „aggressiv“. Im Gegensatz dazu ist die Tanzmusik des Tango
Argentino mit typisch lateinamerikanischer Perkussion versetzt, die von
lateinamerikanischen Perkussionsinstrumenten gespielt wird und sehr aufwändig
sein kann; die Musik klingt „weich“ und „melancholisch“. Das folgende
Hörbeispiel (im MIDI-Format) ist dem klassischen Tango La Cumparsita von Matos
Rodriguez nachempfunden und demonstriert mit einer typischen Instrumentierung
(Bandoneon, Streicher, Bass, Schlagzeug) den Rhythmus des Internationalen Tango:
Rhythmus
Tanz und Musik basieren auf dem 2/4-Takt. Moderne Popmusik, die als Tango
tanzbar ist, weist jedoch einen 4/4-Takt auf (Hörbeispiele: Tango Corrupti von
Rainhard Fendrich, Neverending Story von Limahl). Der Hauptunterschied zwischen
den Taktarten ist, dass beim 2/4-Rhythmus jeder zweite Schlag stark betont ist,
während beim 4/4-Rhythmus nur jeder vierte Schlag stark betont wird. Da die
Länge in Schlägen einer Tango-Tanzfigur stets ein Vielfaches von 2, aber nicht
unbedingt ein Vielfaches von 4 ist, können bei einem 4/4-Rhythmus Tanzfiguren
mitten im Takt zu Ende sein oder Akzente auf musikalisch unbetonte Taktschläge
fallen – das Ergebnis ist eine leichte Diskrepanz zwischen Tanz und Musik, die
aus interpretatorischer Sicht nicht erwünscht ist.
Turnierrichtlinien
Die Geschwindigkeit der Musik, auf die auf Turnieren Tango getanzt wird, ist vom
jeweiligen Land und Turnierverband abhängig. Generell gilt, dass Tango bei einer
Geschwindigkeit von 31 bis 33 Takten pro Minute (TPM) getanzt wird. Diese Angabe
ist streng genommen nicht richtig, denn da Tango auf dem 2/4-Takt und nicht auf
dem 4/4-Takt basiert, müsste sie eigentlich „62 bis 66 TPM“ lauten; in der Tat
sind jedoch 124 bis 132 Taktschläge pro Minute (bpm) gemeint.
In Deutschland
Die Turnierordnung des Deutschen Tanzsportverbandes (DTV) [1] sieht für den
Tango folgendes Reglement vor: Tango wird auf 31 bis 33 TPM (124 bis 132 bpm)
getanzt, die Dauer eines Tanzes liegt zwischen 1,5 und 2 Minuten, Tango wird in
allen Startklassen getanzt, für jede Startklasse und jede Startgruppe existiert
eine eigene Kleiderordnung.
Die Turnierordnung des Deutschen Amateur Turnieramts (DAT) [2] sieht für den
Tango folgendes Reglement vor: Tango wird bei einer Geschwindigkeit von 32 TPM
(128 bpm) getanzt, die Dauer eines Tanzes ist nicht vorgegeben. Spezielle
Turnierkleidung ist bei Hobbytänzern weder Pflicht noch erwünscht.
Figurenkatalog
Wiegeschritt. Nach zwei Gehschritten folgt eine schnelle, dreifache
Gewichtsverlagerung vom vorderen auf den hinteren Fuß, „Wiegen“ genannt.
Tango-Schluss (Argentine Close). Bei dieser Figur werden die Füße mit drei
schnellen Schritten geschlossen. Wiegeschritt und Tango-Schluss hintereinander
ergeben einen abgeschlossenen Bewegungsablauf, der in Tanzschulen häufig als
Grundschritt des Tango gelehrt wird.
Promenade ,
Viererschritt ,
Linksdrehung ,
Spirale ,
Chase („Verfolgung“) ,
Tango Points ,
Flicks
Outside Swivels („außenseitliche Kehren“) ,
Contracheck ,
Argentine Line ,
Oversway ,
Vienna Crosses
Back Lock („Hinterkreuzen“) ,
Fallaway Reverse Turn ,
Developé ,
Valéntino